Die Digitalisierung macht auch vor der Zahnheilkunde keinen Halt und stellt sowohl für uns als Praktiker, als auch besonders für Sie als Patient/innen eine hervorragende Bereicherung dar.
Im Folgenden möchte ich Ihnen dies etwas näher erläutern.
1) Wann sollte eine solche Vermessung durchgeführt werden?
Im Zusammenhang mit der Abklärung von Spannungskopfschmerzen, Nackenverspannungen und Rückenschmerzen, eingeschränkter/ schmerzhafter Mundöffnung, schmerzhaftem Kiefergelenkknacken, Schmerzen beim Kauen, Schmerzen in der Kaumuskulatur, Ohrgeräuschen, Schwindel unklarer Ursache, starkem Knischen/Pressen mit bereits entstandenen Schmerzen, vor einer Neuanfertigung von hochwertigem Zahnersatz, verloren gegangener Bißhöhe oder Bißlage, z.B. durch Verlust von Seitenzähnen oder starken Verlust von Zahnhartsubstanz, Herstellung einer Aufbißschiene bei z.B. CMD (einer Cranio-Mandibulären Dysfunktion), im Zusammenhang mit Unfällen, uvm.
2) Wie kann man sich das genaue Vorgehen vorstellen
Am Anfang stehen eine zahnärztliche Untersuchung (Anamnese) und ein ausführliches Gespräch. Daraus ergibt sich die weitere Vorgehensweise. Sollen z.B. mögliche Risiken für einen neuen Zahnersatz im Voraus erkannt werden, oder haben Sie beim Kauen Schmerzen/Funktionsstörungen, dann dient eine sog. manuelle Funktionsdiagnostik/-analyse, sowie ein CMD-Kurzcheck der weiteren Abklärung.
Von Ober- und Unterkiefer werden jeweils Abformungen genommen und diese mit Spezialgips zu Modellen ausgegossen, sie dienen als Grundlage für das weiter Vorgehen.
Die Zusammenarbeit mit einem Osteopathen oder einem Manualtherapeuten (eine Spezialisierung innerhalb der Physiotherapie) können hierbei sehr hilfreich und weiterführend sein.
Liegt eine Funktionsstörung vor, folgt die zahnärztliche instrumentelle Funktionsanalyse per elektronischer Vermessung der Kiefergelenke, dadurch kann der Zustand Ihres Gebisses genauestens erfasst und Ihnen auf dem Bildschirm auch visualisiert werden.
Ähnlich wie der Gang oder die Körperhaltung ist auch die Anatomie und Bewegung des Kiefers von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Diese individuellen Bewegungsabläufe , sowie die Kiefergelenkposition werden mit Hilfe eines speziellen, auf Ultraschall basierendem System (strahlungsfrei) erfasst und dadurch die Funktionalität Ihres späteren Zahnerstatzes/Ihrer Aufbißschiene optimiert.
Darüber hinaus geben die bei der Funktionsanalyse gewonnenen Daten auch Aufschluß über das mögliche Vorliegen einer Kiefergelenkerkrankung. Bei diesem Verfahren handelt es sich um eine schnelle und genaue Bewegungsanalyse der Kiefergelenke in all seinen Begungsmöglichkeiten.
Dabei werden die Gelenkbahnen elektronisch aufgezeichnet und geben uns präzise Informationen, woraus therapeutische Schlüsse für die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit gezogen werden können.
Für die instrumentelle Funktionsanalyse werden 2 verschiedene Hilfsmittel verwendet, ein sog. Gesichtsbogen, durch welchen die Winkelverhältnisse am Oberkiefer bestimmt werden können. Das vorher hergestellte Gipsmodell wird dann in einem fachlich sog. Artikulator positioniert. Der Gesichtsbogen wird in den Ohröffnungen und am Nasenrücken temporär befestigt.
Eine kleine Aufbipßplatte aus Kunststoff wird vorübergehend am Gaumen angebracht. Dadurch wir der Zusammenbiß von Ober-und Unterkiefer unterbrochen mit dem Vorteil, daß alle folgenden Unterkieferbewegungen ohne Einsatz der Muskulatur erfolgen und somit ein realistisches Ergebnis liefern, da sowohl für die Muskulatur, als auch die Kiefergelenke physiologisch entspannt sind.
Bei der elektronischen Vermessung werden nicht nur die Bewegungsbahnen aufgezeichnet, der Zahntechniker erhält auch Ihre individuellen Werte für die Zuordnung von Ober-und Unterkiefer, sodaß er damit die Ober-und Unterkiefermodelle in den sog. Artikulator, entsprechend der registrierten individuellen Werte einstellen kann, auf dessen Grundlage der Zahntechniker einen für Sie passgenauen und funktionsgerechten Zahnersatz bzw. eine Aufbißschiene anfertigt.
Sehr häufig erfolgt nach der Diagnose zunächst die Herstellung einer Aufbißschiene aus Kunststoff entsprechend der ermittelten Daten. Diese Aufbißschiene soll solange getragen werden, bis eine Schmerzfreiheit erreicht ist oder der Unterkiefer sich wieder in einer physiologischen Position befindet…, sie dient somit als Vorbehandlungsmaßnahme, meistens in Zusammenarbeit mit Osteopathen / Physiotherapeuten.
Sieglinde Westphal, Zahnärztin
Dieser Artikel wurde Ihnen zur Verfügung gestellt von der Zahnarztpraxis Sieglinde Westphal